Der Foto-Handel im Wandel

Vor zwei Wochen sprach mich ein Kollege an. Er habe gehört, dass ich mal im Fotohandel gearbeitet habe? Ja, das war vor 14 Jahren! Er will sich eine Kamera kaufen. Ob er mich da um Rat fragen dürfe? Ich war zuletzt im Foto-Großhandel tätig. Da hatte ich überwiegend mit Berufsfotografen, Künstlern und engagierten Foto-Amateuren zu tun. Weiß nicht ob ich ihm bei Consumer-Kameras weiter helfen könne?

Frag halt mal.

Fototechnisch konnte ich ihm ein paar Tipps geben. Die Consumer-Kameras kenn ich allerdings überhaupt nicht. Da kann ich keine Aussage machen. Er hatte allerdings die Sony FX100 als Kaufobjekt in die engere Wahl gezogen. Schnell gegoogelt und die über die technische Daten geschaut. Keine schlechte Vorauswahl.

In seiner Region gibt es kein Foto-Fachgeschäft mehr. Nur noch Media-Markt und Saturn. Da kann man keine ehrliche Beratung erwarten. Für seine Zwecke ist die Sony mit 20 Mio Pixeln und Zeiss-Zoom sicherlich ein hervorrgender Fotoapparat. RAW könnte die auch. Wird er aber kaum brauchen. Wenn er sich nicht sicher ist, habe ich ihm einen Besuch auf der Photokina in Köln empfohlen. Dort kann er sich das Model sicher näher betrachten und mal in die Hand nehmen.

Die Photokina hat er sich nun doch gespart und die Kamera gekauft. Im Onlinehandel. Mache ich auch hin und wieder. Ihr sicher auch? Ist ja heute im Internetzeitalter auch normal. Wenn man weiß was man will, warum sollte man mehr Geld für Beratung im Fachgeschäft ausgeben? Fachgeschäft? Gibt es die überhaupt noch?

Selbstportrait im Fotostudio
Selbstportrait im Fotostudio

In Stuttgart hat das letzte Foto-Fachgeschäft nun auch geschlossen. Die Kunden lassen sich bei uns nur beraten und kaufen dann im Internet. So die Aussage des Inhabers in der Pressemitteilung.

Sorry, der hat den Schuß nicht gehört. Das war bereits 1981, als ich meine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann begonnen habe, so. Bzw. es war so ähnlich. Beratung im Fachgeschäft und kaufen in der billigen Lerche gegenüber. Die haben sich das Fachpersonal gespart. Billgiheinis gab es auch schon früher. Der Laden hat nur solange durchgehalten weil der damals ein exklusives Produkt für die Bundeswehr geliefert hat. Das hat bereits Jahrzehnte den Fotoladen subventioniert! Mit dem Wegfall des Bundeswehr-Geschäftes musste auch der Fotoladen dem harten Preiskampf der Branchen weichen.

Früher haben die Käufer für die Beratung im Fachgeschäft durchaus einen etwas höheren Preis für ein Produkt bezahlt. Und nicht immer war es im Fachgeschäft teurer. Ich durfte als Azubi ein bis zweimal die Woche Fotogeschäfte in der Stadt ablaufen und die Schaufensterpreise notieren. War ein Wettewerber bei einem Produkt günstiger, haben wir uns preislich angegelichen. Wettbewerb belebt bekanntlich das Geschäft. Na ja, meist nur für den Kunden, weniger für den Händler.

Heute hört man oft den Begriff der Handel im Wandel. Immer mehr Kaufkraft wandert vom Ladengeschäft in den Internet-Handel. Der Händler wo nicht auch mit einem Online-Shop vertreten ist, wird meist den kürzeren ziehen.

Als ich in den 90er Jahren den Handelsfachwirt auf der Abendschule gemacht habe, war in Betriebswirtschaftslehre das schriftliche Prüfungsthema der „Handel im Wandel“!

Ok, Internet gab es noch nicht. Aber Marktkonzentration war damals schon erkennbar. Die Großen vieler Branchen haben die Kleinen geschluckt oder verdrängt. Radio- und Fernsehhändler wurden inzwischen von Media-Märkten und Saturn verdrängt. Besser sind die nicht. Aber die kaufen durch die konzentrierten Einkaufsgmengen mehr und günstiger ein. In einem Laden bekommt man fast alles was es auf dem Elekronikmarkt gibt.

Dagegen können nur Spezialisten in Nischen dagegen halten.

Das gleiche haben wir heute durch das Internet. Sozusagen die Fortsetzung. Die Handelsstruktur verändert sich komplett. In manchen Branchen ist die Veränderung bereits zum Großteil vollzogen. Der Fachändler ist in vielen Städten ausgestorben.

Rat und Wissen besorgt man sich heute im Bekanntenkreis oder anonym über das Internet. In Fotoforen oder man schreibt einen mutmasslichen Experten per Mail an.

Wenn ich allerdings die Beratungsdiskussionen in manchen Foren verfolge, muß ich daran zweifeln, ob der Ratsuchende dadurch wirklich die für ihn passende Kamera findet?

Oft spielen bei den Ratschlägen und Empfehlungen persönliche Vorlieben und Gewohnheiten eine Rolle. Weniger bewusst. Das liegt eher in der Natur eines Menschen.

Schade, dass wir durch unser Kaufverhalten den Foto-Fachhandel aussterben lassen.

Übrigens ist der Onlinehandel nicht immer der günstigste. Und mit den meisten Fachhändlern kann man vor dem Kauf über den Preis reden und sogar handeln. Meine Nikon D610, das 45er PC, und 105er Macro habe ich alle im Fachhandel gekauft. Nicht teurer als im Internet. Schließlich will ich auch noch in den nächsten Jahrzehnten mein Fotomaterial in der Region einkaufen können. Beratung habe ich nicht gebraucht, da ich wusste was ich brauche. Dennoch habe ich im Laden einige neue Produkte entdeckt die ich bisher nicht kannte.

Das Sterben des Fachhandels wird aber dank des Onlinehandels weiter gehen. Wir kaufen immer mehr über das Internet ein. Dadurch wird auch die Ökobilanz in Lande spürbar verschlechtert. 2013 wurden 1,2 mehr CO2 in die Umwelt geballert. Der Grund soll die erhöhte Nutzung von Steinkohle sein. Aber auch der erhöhte Lieferverkeht trägt dazu bei.

Grund war der Internethandel mit seinen zahlreichen Einzelsendungen an Endkunden. Paketdienste mussten Sonderschichten einlegen um die Weihnachtssendungen pünktlich liefern zu können. Es mussten mehr Lieferfahrzeuge eingesetzt. Nicht gut für unsere Umwelt.

Schon verrückt. Wir Menschen sind schon sehr bequem.

Kauft ihr hin und wieder noch im Foto-Fachhandel? Oder gibt es bei euch auch keinen Foto-Fachhändler mehr?

3 Comments

  1. Steffen 1. September 2014
  2. moni 1. September 2014
  3. Bernd 3. September 2014

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