Als Fotograf im Zwiespalt

Früher als Hobby-Fotograf habe ich fotografiert was mir gefallen hat. Meist waren das Landschaftsmotive. Eine Zeit lang Sportfotografie. Und hin und wieder auch mal ein Tierfotos. Seit einigen Jahren verdiene ich mir nebenbei mit der Fotografie Geld. Ich fotografiere Motive, wo ich denke, dass diese von Kunden gesucht und gekauft werden könnten. Diese Fotos vertreibe ich online über Bildagenturen.

Der Vorteil ist, dass ich über Bildagenturen keine Kunden aquirieren brauche. Das spart Zeit und ich kann mich zu 100% um das Fotografieren kümmern. Der Nachteil ist allerdings, dass ich vorher nie weiß was verkäuflich ist? Zudem bin ich nicht so nahe am Puls der Kunden. Somit ist es auch wesentlich schwerer einschätzbar, was gerade an Motiven und Stilen ankommt?

Pfefferkörner
Pfefferkörner

Da ich die Fotografie als Nebengewerbe betreibe, habe ich allerdings nicht auch noch die Zeit Kunden zu aquirieren. Wobei bei Auftragsarbeiten die Erträge sicherlich wesentlich höher wären. Die Stockfotografie habe ich vor über 5 Jahren nur mal so testen wollen. Aus meinen damaligen Bilderarchiv wollte ich testen, ob sich die Motive verkaufen lassen?

Die Erkenntnis war ernüchternd. Über 50% Ablehnquote. Mir erschien es am Anfang rätselhaft welche Kritierien für die Bildagenturen wichtig sind? Dennoch wurden einige Fotos regelmässig verkauft. Irgendwann packte mich der Ehrgeiz und ich wollte damit mehr Einnahmen realisieren. Also begann ich gezielt für Bildagenturen zu fotografieren. Vor über zwei Jahren konzentrierte ich mich auf die Foodfotografie. Seitdem steigen die Einnahmen aus Bildhonoraren.

Dennoch bleibt immer noch die Ungewissheit, was wollen die Kunden eigentlich für Motive? Wie wollen die Kunden solche Motive dargestellt haben?

Ein Bekannter hat mich auf eine Homepage eines seiner Freunde hingewiesen. Ein Foodfotograf aus Wien. Der würde viele Aufnahmen stacken. Stacking ist eine Bildbearbeitungsmethode um eine hohe Schärfentiefe zu erzielen. Man macht viele Aufnahmen von einem Motiv und verschiebt bei jeder Aufnahme nur die Kamera im Schärfebereich. Die Aufnahmen werden am Rechner mit Photoshop oder anderer Bildberbeitungssoftware zu einem Fotos zusammen gerechnet. Ein Schinken ist nun von vorne bis hinten knackescharf.

Mit herkömmlicher Aufnahmetechnik ist dies kaum realisierbar. Selbst mit Tilt oder Shift-Möglichkeiten wird man das nicht immer realisiert bekommen. Aber dank der digitalen Dunkelkammer kann man so etwas mit gewissen Aufnahme- und Bearbeitungs-Aufwand realisieren.

Beim Blick auf die tollen Foodaufnahmen des Foodfotografen wurde mir klar, dass grosse Werbekunden möglichst viel scharf abgebildet haben wollen!

Da soll nichts unscharf sein. Die wollen keine Schärfentiefe. Zumindest nicht im Produkt, welches verkauft werden soll.

Kürbiscremesuppe mit Kürbiskernöl und Kürbiskernen
Kürbiscremesuppe mit Kürbiskernöl und Kürbiskernen

Und was mache ich?

Ich liebe das Spiel mit der Unschärfe. Mir gefallen die meisten Motive besser wenn sie im Hintergrund in Unschärfe verschwimmen. Das wirkt auf mich künstlerischer. Das Foto zeigt mehr Tiefe. Ich liebe diese Schärfe – Unschärfe – Gestaltung.

Aber wollen das auch die Kunden?

Es kommt drauf an.

Einem Foodblogger wird an einem Foto mit Unschärfe sogar gefallen finden. Vielleicht noch ein Anbieter von Postern oder anderen künstlerisch anmutenden Prints?

Wenn der Kunde ein Produkt verkaufen möchte, soll das Hauptmotiv in den meisten Fällen durchgängig scharf abgebildet sein. Man kann es auch schon bei Fotolia und den anderen Microstockagenturen sehr gut beobachten. Viele freigestellte Produtkfotos von Lebensmitteln sind von vorne bis hinten scharf. Fotografisch geht das gar nicht. Hier wird auch per Stacking optimiert. Die Kunden die solch ein Produkt verkaufen, wollen es so.

Aber auch die Auswahl an gestalteten Food-Szenen wird immer größer. Hier wird zum Teil auch schon gestackt. Auch solche Motive sind auf Lebensmittel-Verpackungen recht beliebt.

Interessant finde ich bei Foodfotografien auch eine andere Tendenz. Bei Microstock-Bildagenturen findet man meist Fotos im Querformat unter den meist verkauften. Vermutlich verkaufen diese sich besser, da sie im Querformat auf dem Bildchirm größer angezeigt werden können. Motive im Hochformat können auf dem Bildschirm ja nur in halber Größe dargestellt werden. Größer wirkt in den meisten Fällen besser.

Anders bei den Macrostock-Bildagenturen. Wenn man sich dort die Foodfotos anschaut gibt es gefühlte 80% der Motive im Hochformat. Warum ist das so? Ganz einfach. Alle Foodfotografen wollen ihr Motiv auf die Titelseite einer Zeitschrift bringen. Und die meisten Zeitschriften sind im Hochformat 😉

Was bedeuten diese Erkenntnisse für meine zukünftige Foodfotografie?

  • In erster Linie werde ich weiterhin meine fotografischen Vorlieben mit Schärfe-Unschärfe-Spiel ausleben. Schließlich möchte auch ICH gefallen an meinen Fotos finden.
  • Um mehr Verkäufe zu realisieren werde ich für Microstock-Bildagenturen in Zukunft auch gestackte Aufnahmen mit höherer Schärfentiefe produzieren. Vor Monaten habe ich einen ersten Versuch mit einem Motiv bereits gemacht. Der Aufwand erschien mir damals zu hoch. Mit einem effizienten Ablauf sollte sich der Aufwand aber in höhere Umsätze ummünzen lassen.
  • Für Macrostock-Bildagenturen werde ich in Zukunft öfter im Hochformat fotografieren. Schließlich will auch ich mal eines meiner Fotos auf einer Titelseite eines Food- oder Lifestyle-Magazines entdecken.

Unterm Strich bleibt es aber immer eine Gratwanderung. Mir gefallen Motive mit weniger durchgender Schärfe und im Querformat. Und vielen Food-Kunden gefällt genau das Gegenteil davon. Vom Aufnahmestil möchte ich hier gar nicht erst anfangen. Darüber könnte man ein ganzes Buch schreiben.

Mit einer breiter dargestellten Vielfalt eines Motives sollte man auch die unterschiedlichen Kundenwünsche an ein Fotomotiv besser abdecken können. Wenn man Geld mit Fotos verdienen möchte muss man wohl den ein oder anderen Geschmacks-Spagat machen.

Eine richtige Einschätzung wird es frühestens in einem Jahr geben. Ich werde euch hier im Blog darüber auf den laufenden halten.

One Response

  1. Alex 18. August 2014

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